Johannes Kohlschütter

Daneben

Ich bin immer erheitert, wenn mir eine missglückte Werbekampagne begegnet. Damit meine ich nicht die Schadenfreude über Plakate, die nach einem öffentlichen Aufschrei sofort wieder verschwinden, zum Beispiel wegen ungewollter Assoziationen zur dunklen deutschen Vergangenheit („Jedem den Seinen…“). Viel lustiger finde ich Werbung, die meines Erachtens mehr oder weniger haarscharf danebengeht, ohne dass es jemand merkt. Dazu gehört der American-Express-Spruch „Bezahlen Sie einfach mit ihrem guten Namen“. Zugegeben, ganz schlecht ist der ja auch nicht. Aber: Wenn ich mit meinem guten Namen bezahle, dann isser ja hinterher weg…

Meinen letzten Fund verdanke ich der Bahn. Die teilte mir neulich mit, dass ich Honig von stillgelegten Bahnstrecken gewinnen könne. Offenbar machen die das schon länger. Ich will den Leuten von der Bahn-Kundenbindung ja gern glauben, dass das sehr, sehr gut gemeint ist. Trotzdem würde ich mir das eine oder andere Glas Honig gern woanders kaufen, wenn dafür die eine oder andere Strecke nicht stillgelegt würde. Das wäre etwas großräumiger gedacht sicher auch für die Bienen gut.

Ein Schild an einem stillgelegten Gleis weist darauf hin, dass dort jetzt Eidechsen leben
Ob vielleicht mehr Wildbienen und Mauereidechsen etwas davon hätten, wenn der früher hier abzweigende Gleisanschluss weiterhin in Betrieb wäre?

An weniger misslungenen Werbekampagnen habe ich natürlich auch Freude. Auch wenn sie eher einen guten Eindruck von der beauftragten Agentur als vom beworbenen Produkt vermitteln.


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