Zielgruppengerechte Kommunikation
Ich habe bis heute nie einen James-Bond-Film im Kino gesehen. Meine Kenntnisse über die Reihe stammen nur aus mehr oder weniger wach im Fernsehen wahrgenommenen Szenen. Über die Jahre habe ich so vielleicht die Hälfte der Filme dreimal halb gesehen, aber wohl nie einen von vorne bis hinten. Deshalb wusste ich neulich beim (coronakonform elektronisch abgehaltenen) Pubquiz mit meinen Basler Freunden nicht, dass das Arecibo-Observatorium in „Goldeneye“ vorkommt. Auch dass es nach mehreren Seilrissen nun Anfang Dezember endgültig zusammengebrochen ist, war mir neu. So habe ich erst jetzt mit Bedauern die erstaunlicherweise vorhandenen Filmaufnahmen der gerade reißenden Seile angeschaut.
Allerdings war mir das Radioteleskop von Arecibo zumindest insofern ein Begriff, als ich mich vor einigen Monaten über die 1974 von dort gesendete Botschaft an außerirdische Wesen belesen habe. Solche Nachrichten faszinieren mich. Weniger wegen des Gedankens an die möglichen Empfänger als wegen ihrer Gestaltung. Es ist zugegebenermaßen nicht trivial, eine Nachricht an eine völlig unbekannte „Intelligenz“ zu richten, von der man nur vermutet, dass sie überhaupt existieren könnte. Die Pioneer-Plaketten waren ja noch einigermaßen anschaulich, wenn auch die Sache mit dem Hyperfeinstrukturübergang des Wasserstoffatoms… …naja. Die Herausforderung bei der Arecibo-Botschaft war natürlich größer: Ein Radiosignal ist keine Plakette zum Anfassen. Aber musste man das schon an sich nicht unbedingt selbsterklärende Bild wirklich so senden, dass sich die Anzahl der Zeilen und Spalten nur ergibt, wenn man die Gesamtzahl der Zeichen in ihre Primfaktoren zerlegt? Hätte man nicht nach jeder Zeile eine kleine Pause machen können, als kleines Zugeständnis an normalbemittelte fremde Wesen?

So dachte ich laienhaft vor mich hin und tat dabei wahrscheinlich verdienten Wissenschaftlern Unrecht, die sich ihre Botschaft gut überlegt haben. Bis mir klar wurde: Es greift zu kurz, eine Nachricht pauschal als „zu schwierig“ zu bezeichnen. Entscheidend ist, ob sie der Zielgruppe gerecht wird. Und handelt es sich hier nicht – ganz anerkennend gemeint – um eine Botschaft von Nerds für Nerds? Was für ein Wesen auch immer diese Botschaft empfangen sollte, wird schon nicht auf den Kopf gefallen sein (wenn es einen hat). Wahrscheinlich muss man die Komplexität von Primzahlen auch nicht überschätzen – das haben ja auch Katz & Goldt schon treffend festgestellt.
Also: Ob es „da draußen“ (immer diese wörtlichen Übersetzungen aus dem Englischen…) wirklich lebende Wesen gibt, das weiß man nicht, aber wenn ja, dann darf man doch wenigstens hier einmal sagen: Die schaffen das.
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